Hundegeschirr

Hundegeschirre ersetzen immer öfter das klassische Halsband oder sind für den ausgeübten Hundesport unerlässlich. Dennoch ist es ratsam, sich im Vorfeld darüber zu informieren, welche Vor- und Nachteile man durch ein Hundegeschirr gegenüber der Variante Hundehalsband in Kauf nimmt.

Vorteile Hundegeschirr

  • Bei korrekter Nutzung wird die Zugkraft auf die Brustmuskulatur umgeleitet und der Ruck geht nicht auf den Hals bzw. die Halswirbelsäule
  • Es würgt den Hund nicht, wenn Druck ausgeübt wird
  • Wenn der Hund auf der Rückbank im Auto transportiert wird, kann es zur Sicherung im Auto genutzt werden
  • Für ältere oder verletzte Hunde eignen sich Geschirre, um das Tier beim Gehen und beim Treppen steigen zu unterstützen.
  • Verhindert Verspannungen im Halsbereich

Nachteile Hundegeschirr

  • Das Anlegen des Geschirrs will geübt sein und ist schwieriger als beim Halsband
  • Das Anlegen dauert etwas länger
  • Das Geschirr muss richtig sitzen. Manchmal fehlen Einstellungsmöglichkeiten zur genauen Anpassung
  • Hunde können sich mit Geschick oder in Paniksituationen vom Geschirr befreien
  • Gegenüber einem Hundehalsband häufig teurer
  • Weniger Präzise bei der Führung von Hunden
Die größte Gefahr
Wichtig: Ein schlecht sitzendes Hundegeschirr kann fatale Folgen auf den Bewegungsapparat des Hundes haben. Passt das Geschirr nicht richtig, scheuert es an den Achseln des Hundes. Dadurch wird der Hund seine Ellenbogenstellung beim Laufen verändern und nach außen drehen. Die Folge: Eine krasse Fehlstellung beim Bewegungsablauf!

Die richtige Größe bestimmen

hundegeschirr groesse messen Schaubild
4 Messpunkte führen zur richtigen Größe

Das A und O beim Geschirr ist die richtige Größe. Wenn Sie diese ermitteln möchten benötigen Sie maximal vier Werte:

  1. Halsumfang
  2. Unterlänge
  3. Brustumfang
  4. Oberlänge

Viele Hersteller der Brustgeschirre geben bereits Anhaltspunkte durch die Größentabellen in den bekannten Größen XS bis XXL. Messen Sie in jedem Falle den Hals- und den Brustumfang und gleichen diesen mit den Herstellerangaben ab. So senken Sie das Risiko, dass das Halsband nicht passt um ein Vielfaches. Denn die Längenmaße in Zentimeter sind an der Stelle viel ausschlaggebender als die Größenbezeichnung.

Das Hundegeschirr anlegen

Ist das Geschirr erstmal da, will es zuerst auf die Größe des Hundes angepasst und eingestellt werden, damit es nach dem Anlegen ordentlich sitzt. Ein gut sitzendes Geschirr behindert den Hund beim Laufen überhaupt nicht. Wer sich nicht sicher ist, wo oben und unten, und vorn hin hinten korrekt liegen, kann sich gut am D-Ring orientieren (an ihm wird die Leine befestigt). Dieser liegt immer auf dem Rücken. Wenn das Geschirr angezogen ist, können Brückensteg Brustgurt und Bauchgurt auf die Größe des Hundes eingestellt werden. Wichtig ist, dass der Brustbereich ordentlich und unterhalb der Kehle und Brustbeinspitze sitzt. Das Geschirr wird so fest gezogen, dass immer noch eine Flache Hand unter den Bauchgurten durchgeschoben werden kann.

Langsam gewöhnen! Nicht jeder Hund wird eine Freudentänzchen aufführen, wenn er ein Geschirr angezogen bekommt. Daher sollten die ersten Anprobier-Versuche in ruhiger und guter Atmosphäre stattfinden. Warme Worte und ein Leckerchen dürfen gerne mitverwendet werden, damit das Anziehen des Geschirrs direkt eine positive Verknüpfung auslöst.

Die unterschiedlichen Geschirre im Überblick

Je nach Einsatzgebiet kann man zwischen unterschiedlichen Hundegeschirren wählen.


 

Norwegergeschirr

 

Extrem einfach in der Handhabung und daher sehr beliebt bei Hundefreunden ist das Norwegergeschirr. Das Norwegergeschirr wird einfach umgelegt und hat nur eine Verstellmöglichkeit im Halsbereich. Der D-Ring ist in einer Schlaufe eingenäht, was zwei Vorteile mit sich bringt. Zum Einen kann man den Hund auch an der Schlaufe festhalten, unterstützen und eng führen und zum Anderen verteilt sich der Zug an der Leine direkt über das Geschirr und entlastet den Halsbereich.

Vorteile:

  • Einfach in der Handhabung
  • Entlastet Halsmuskulatur und verteilt Druck auf die Brust
  • Schlaufe zum Eng führen und Tragen bzw. Unterstützen
  • Viele Norweger haben bereits Reflektoren oder reflektierende Paspeln

Nachteile:

  • Hund kann sich aus dem Norweger selbst befreien
  • Meist nur eine Einstellmöglichkeit am Halsgurt, der Brustumfang ist nicht einstellbar

 

Norwegergeschirr
Der D-Ring verteilt den Druck auf das Geschirr

 


 

Sattelgeschirr

Das Sattelgeschirr ist ebenfalls sehr verbreitet und insbesondere durch den Hersteller Julius-K9 in Deutschland bekannt und beliebt geworden. Wohl jeder, der mit offenen Augen durch die Welt spaziert, hat schon mal einen Hund mit Sattelgeschirr und entsprechendem Klettsticker wie “Kampfschmuser, Der Tut nix, Bodyguard oder dergleichen” gesehen. Von der Konstruktion ähneln sich Norwegergeschirr und Sattelgeschirr, jedoch ist das Sattelgeschirr mit einer breiten Rückenplatte (im Schaubild mit blau markiert) versehen.

Vorteile: 

  • Einfache Handhabung
  • Unterstützung beim Gehen und Tragen
  • Teilweise auch als Schwimmweste erhältlich
  • Viel Bewegungsfreiheit
  • Große Reflektorflächen
  • Klettsticker für Personalisierung vorhanden

Nachteile:

  • Beim Rückwärts Ziehen können sich Hunde herausziehen
  • Ebenfalls weniger Einstellmöglichkeiten als bei einem reinrassigen Geschirr

 

Sattelgeschirr
Schaubild zum Sattelgeschirr

 

Führgeschirr

Das Führgeschirr (auch bekannt als H-Geschirr) bietet die mit Abstand meisten Einstellungs- und Anpassungsmöglichkeiten. Es besteht aus Rückensteg, zwei Schlaufen für Hals und Brustkorb und Bauchgurt.

Vorteile:

  • H-Geschirre bieten die größte Flexibilität bei der Anpassung
  • Hunde können sich nicht selbst befreien
  • Ideal zum Joggen, Rad fahren und generell beim Hundesport

Nachteile:

  • Die richtige Einstellung ist das A und O. Wird es nicht ordentlich angepasst, geht dies zu Lasten des Hundes, denn das Geschirr drückt dann im schlimmsten Fall auf den Kehlkopf oder klemmt die Achseln des Hundes ein, was zu Fehlstellungen führt.
H-Geschirr oder Führgeschirr
H-Geschirr bzw. Führgeschirr

Welpengeschirr

Ein Welpe entdeckt die Welt auf seine Weise. Seine nahezu unstillbare Neugier und sein ausgeprägter Bewegungsdrang wollen kontrolliert werden. Aus einem Welpengeschirr büxt der kleine Racker nicht so leicht aus, wie aus einem lockeren Halsband. Außerdem hat man die Möglichkeit, den Hund gut zu greifen um ihn aus bestimmten Situationen zu lösen. Dazu nutzt man einfach den Haltegriff, den das Welpengeschirr in der Regel bietet. Welpengeschirre zeichnen sich darüber hinaus oftmals dadurch aus, dass sie gepolstert sind. Da Welpen oft unkontrolliert durch die Gegend staksen und nicht von vorn herein abrufbar sind, empfiehlt sich, ein Geschirr zu wählen, dass auch über Reflektoren verfügt. Ein zusätzliches Plus an Sicherheit vor allem in der Dämmerung. Man spricht in dem Zusammenhang auch von Welpengarnitur und Softgeschirr.

  • Kein Druck auf den Hals
  • Einfaches Greifen durch Haltegriff
  • Reflektoren

Das Halti

Das Halti teilt die Hundeliebhaber ebenfalls in zwei Lager. Während die Einen das Halti ablehnen, weil es wie ein Maulkorb wirkt schätzen die anderen die hervorragenden Führqualitäten. Ein Halti sollte jedoch nie allein, sondern immer in Kombination mit Halsband oder Geschirr verwendet werden. Außerdem empfiehlt es sich, sich den richtigen Umgang durch einen Hundetrainer beibringen zu lassen, da man im Umgang mit dem Halti auch sehr viel falsch machen kann. Es simuliert für Hunde den Schnauzengriff, der in der Hundekommunikation immer dann angewendet wird, wenn Fehlverhalten vorliegt. Daher ist das Halti ein sehr mächtiges Instrument.


 

Darauf sollte beim Kauf geachtet werden:

Wer ein Hundegeschirr kaufen möchte, sollte sich vorher einige Fragen stellen und Gedanken darüber machen.

  • Die richtige Größe: Wie bereits weiter oben geschildert, die richtige Größe ist essentiell. Einige Brustgeschirre können mehrfach verstellt werden und mitwachsen, das Norwegergeschirr kann dies zum Beispiel nicht.  Außerdem sollte das Geschirr breit genug sein, damit es den Hund nicht einschnürt.
  • Das richtige Material: Die Geschirre sind aus Leder, BioThane, Filz, Nylon, Trioflex, Polyester und weiteren Materialien erhältlich. Sofern der Hund eine Allergie hat, sollte diese beim Kauf berücksichtigt werden. Je nach Einsatzgebiet sollte man zudem auf Material zurückgreifen, was den Anforderungen gewachsen ist. Soll der Hund mit seinem Geschirr viel ins Wasser, so bieten sich Materialien wie Neopren oder BioThane eher an als Leder oder Filz.
  • Der Zweck: Wird das Hundegeschirr zur Verhaltenskorrektur, als therapeutische Maßnahme, zur Entlastung des Halses oder zum Führen beim Sport verwendet? Je nachdem sollte es von der Beschaffenheit und dem Einsatzzweck entsprechen. Es gibt nicht das eine Geschirr für alle Situationen.
  • Qualität: Greifen Sie zu einem Qualitätsprodukt. Der Mehrpreis gegenüber NoName Ware aus China ist geringfügig aber hier haben Sie die besten Chancen auf einen guten Sitz, eine gute Verarbeitung und der richtigen Materialauswahl. Außerdem haben Hersteller wie Trixie, Julius K9 oder Ruffwear Supportabteilungen, die im Zweifel auch telefonisch und per Email erreichbar sind.
  • Reinigung: Wenn das Geschirr häufig und bei allen Witterungen und Wetterverhältnissen zum Einsatz kommt, sollte es auch maschinell waschbar sein. Neben optischen und hygienischen Gründen trennt hier spätestens wieder das Qualitätsmerkal und eine gute Verarbeitung die Spreu vom Weizen der Hundegeschirre.

Welche Marken gibt es?

Es gibt zahlreiche Hersteller und Marken. Zu den Klassikern zählen die Folgenden mit Sicherheit. Hier darf der Kunde ein gewissen Markenversprechen erwarten und sich auf die propagierte Qualität beziehen.

  • Trixie
  • Julius K9
  • Feltmann
  • Ruffwear
  • Hunter

Halsband oder Geschirr

Die Frage “Was ist besser” spaltet die Hundefreunde seit jeher in zwei Lager. Im Wesentlichen dreht es sich um die Gesundheit des Tieres als auch um die Führbarkeit. Da wir in Deutschland Leinenpflicht haben, müssen wir uns mit wenigstens einer der Möglichkeiten, einen Hund an der Leine zu führen, beschäftigen.

Schauen wir uns daher zuerst die Folgen an, mit denen ein Hund beim Halsband tragen konfrontiert werden kann.

  • Husten und chronisches Röcheln
  • Rücken- und Halswirbelerkrankungen
  • Kehlkopfentzündungen
  • Bandscheibenvorfall
  • Erkrankungen des Bewegungsapparates

Wer mutig genug ist, kann im Selbstversuch testen, wie stark ein jeweiliger Ruck an der Leine sich am Hals auswirkt. Auch ein schlecht sitzendes Brustgeschirr lässt sich nachstellen, in dem man sich einen Rucksack aufsetzt und diesen bewusst schlecht am Körper fixiert.

Aber auch das Hundegeschirr ist spätestens seit einer Studie aus 2006 in Verdacht geraten, nicht das Allheilmittel beim Führen von Hunden zu sein. In der Studie der Universität Jena, durchgeführt von Prof. Dr. Martin S. Fischer, wurden 327 Hunde aus 32 verschiedenen Hunderassen hinsichtlich ihrer Bewegung untersucht.

  • Geschirre können die Schulterblätter in ihrer Bewegung behindern und fatale Folgen für den gesamten Bewegungsapparat des Hundes haben
  • Einige Geschirre bieten dem Hund die Möglichkeit, sich aus dem Geschirr zu befreien

Die Studie wurde durch den Kosmos Verlag auch als Buch veröffentlicht, und kann hier gekauft werden: Hunde in Bewegung 

Hundegeschirr kaufen

Wer sich zutraut, seinen Hund richtig zu vermessen und auch einen Umtausch wegen falscher Größe nicht scheut, der findet im Internet zahlreiche Anbieter, wie Fressnapf, Amazon & Co., bei denen es eine unglaubliche Auswahl an Hundegeschirren gibt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dass das Brustgeschirr akkurat sitzt und optimal passt ist angehalten, sich im Fachhandel umzuschauen. Dort darf man vom fachkundigen Personal erwarten, die beste Beratung hinsichtlich der richtige Größe (insbesondere bei Brustumfang und Halsumfang) zu erfahren.

Fazit Hundegeschirr

Ein richtig oder falsch gibt es nicht. Haben Sie einen Hund, der ständig zieht und nach vorne geht ist ein Brustgeschirr mutmaßlich die bessere Wahl, um den Hund vor Schäden im Hals- und Rückenbereich zu schützen. Das Ziehen am Hundehalsband ist für Hunde hochgradig lästig, da es die ganze Kraft auf eine geringe Fläche am Hals konzentriert, während ein Geschirr den Druck optimal auf den Körper des Hundes verteilt. Ein leichtführiger Hund kann mit einem optimal passenden Hundegeschirr mutmaßlich gesünder leben. Die Aussage trifft jedoch nur zu, wenn das Geschirr optimal sitzt.

Ein Halsband sollte aber ebenfalls zur Standardausstattung gehören und idealerweise ist der Hund an beide Gegenstände gewöhnt, damit man situativ entscheiden kann. . Daher ist neben der Auswahl des richtigen Equipments eine kontinuierliche Hundeerziehung letzten Endes der Schlüssel zum Erfolg und die Frage Hundegeschirr oder Halsband gerät in den Hintergrund. So wird der Spaziergang zum Vergnügen und nicht zur Belastungsprobe für Mensch und Hund.